Ausstellung der „Associazione Culturale Romano Guardini“ in Isola Vicentina
Wo man sich auch umschaut, entdeckt man heutzutage Zerrissenheit: in den USA, in unserer Gesellschaft, in Europa — und wohl auch in den Menschen selbst. Fast schon unwillkürlich sucht man nach Heilung, nach Gemeinsamkeit, nach Brücken, denn letztlich kann der Mensch nur so leben. Eine solche Brücke ist Romano Guardini. Sein Werk, aber auch das Zeugnis seines Lebens bilden diese Brücke, über die Menschen zueinander und zu sich selbst finden können, ohne dass Spannungen überdeckt, vielmehr in ihrer Fruchtbarkeit entdeckt werden.
Einen kleinen Beitrag, diesen Denker bekannter zu machen, will die Ausstellung „QUANDO UNA VITA DIVENTA DISCORSO — Percorso conoscitivo sulle tracce di Romano Guardini“ in Isola Vicentina leisten. Sie ist selbst schon eine Brücke zwischen Deutschland und Italien, zwischen Mooshausen und Isola Vicentina, den beiden Orten, die Guardini am häufigsten in seinem Leben aufgesucht hat: Mooshausen im württembergischen Allgäu, der Wohnort seines Freundes Josef Weiger, Isola Vicentina in der Nähe der norditalienischen Stadt Vicenza als Ort der Mutter, der Familie. Die Ausstellung präsentiert Objekte aus diesen beiden Orten und zeigt so in informativer Weise den Lebensweg Guardinis in sehr persönlicher Form. Auch die Region Venetien hat die Ausstellung unterstützt und so ihre internationale Brückenfunktion anerkannt. Die Associazione Culturale Romano Guardini in Isola Vicentina — gewissermaßen die Partner-Organisation unseres Freundeskreises Mooshausen — hat sehr viel Arbeit, Mühe und Nerven investiert, um diese besondere Begegnung mit Romano Guardini möglich zu machen. Herzlichen Dank für dieses großartige Engagement!
Vom 14.8. bis 30.8. war diese Ausstellung in Isola Vicentina im Kloster Santa Maria del Cengio, einem Ort der Guardini vertraut war, zu sehen. Zahlreiche Teilnehmer ließen sich die Ausstellungseröffnung nicht entgehen, der Saal war unter Corona-Bedingungen bestuhlt, gleichzeitig wurde die Veranstaltung in den Kreuzgang übertragen und live auf Facebook gestreamt. Nach Vorträgen von Giuliana Fabris, der Präsidentin der Associazione, Prof P. J. Gabriel Ascencio und mir stellte Prof. Carlo Fedeli von der Universität Turin das Buch vor, das aus unserer letztjährigen Tagung in Isola hervorgegangen ist. Anschließend präsentierte Albano Berlaffa, Stadthistoriker und engagiertes Mitglied der Associazione, mit gewohntem Detailwissen die Objekte der Ausstellung. Auch wer Guardini kennt, wird Neues sehen bzw. erfahren, vielleicht die wunderschönen Zeichnungen, die er als Kind gemacht hat und die seine künstlerische Sensibilität eindrucksvoll belegen.
Guardini lädt uns mit seinem Denken und seiner Lebensgeschichte immer wieder ein, nach dem zu suchen, was uns verbindet und so Verbindlichkeit beansprucht. Er weiß die menschliche Existenz in ihren großen und kleinen Erfahrungen, ihren Höhen und Tiefen stets so zu deuten, dass die Stimme des Größeren, den wir als Glaubende Gott nennen, vernehmbar wird. Leuchtet in den Werten, die uns verbinden, nicht eine Tiefe und Verbindlichkeit auf, die mehr als menschengemacht ist? Deshalb muss — wie das Grundgesetz in seiner Präambel sagt — „die Verantwortung vor Gott und den Menschen“ der Maßstab unseres Handelns sein. Guardini hat sich in seinem spannungsreichen Leben zwischen Deutschland und Italien als Lehrmeister dieser Verantwortung gezeigt. Vielleicht haben wir bald die Möglichkeit, diese bereichernde Ausstellung auch in München zu sehen. Noch einmal herzlichen Dank an die Organisatoren der Ausstellung und Vergelt’s Gott!
Marc Grießer, Pfarrer
Beirat im Freundeskreis Mooshausen
Bilder von Giuliana Fabris