Mooshausen Medien » Jahr des heiligen Josef (2021)

Am 8. Dezember 2020 hat Papst Franziskus das „Jahr des heiligen Josef“ ausgerufen.

Den Josefstag feiert die Kirche am 19. März 2021.



I – Texte

Gott ist gerecht – Zum Hochfest des Heiligen Josef am 19. März 2021

 

„Preist die Größe unseres Gottes, denn er ist treu und gerecht.“

Das sind die Worte einer Antiphon aus dem Morgengebet des Stundengebetes der katholischen Kirche. Treue und Gerechtigkeit sind zwei wunderbare Tugenden, die es zu leben lohnt, wo wir heute am Hochfest des Heiligen Josefs, der Bräutigam Mariens, mit Josef ein Stück lang auf dem Weg sind.

Es sind mal wieder die verborgenen Personen in der Heiligen Schrift, von denen wir nicht viel wissen, die aber durch ihre Einfachheit, mit wenigen aber entscheidenden Worten und Taten, Gottes Willen erfüllen und somit zu einem wichtigen Protagonisten in der Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen werden.

Die Kirche verehrt Josef als den „Schutzpatron der gesamten katholischen Kirche.“ Eine Ernennung, die vom seligen Papst Pius IX. am 8. Dezember 1870 per Dekret namens „Quemadmodum Deus“ erklärt wurde und nun 150 Jahre später von unserem Papst Franziskus mit seinem Apostolischen Schreiben „patris corde“ erneut ins Bewusstsein gerufen wird.

Wir stehen am Anfang des ausgerufenen „Jahres des Heiligen Josefs“ und heute schauen wir auf einen einfachen Zimmermann, dem Sohn Jakobs, aus dem Geschlecht Davids deren Stammvater Abraham war. (vgl. Mt 1, 16)

Es liegt somit schon in den Genen Josefs, wenn wir von einem gerechten Mann sprechen, „denn Abraham und seine Nachkommen erhielten nicht aufgrund des Gesetzes die Verheißung, Erben der Welt zu sein, sondern aufgrund der Glaubensgerechtigkeit.“ (Röm 4, 13) „Nur so bleibt die Verheißung für die ganze Nachkommenschaft gültig, nicht nur für die, welche aus dem Gesetz, sondern auch für die, welche aus dem Glauben Abrahams leben.“ (Röm 4, 16)

Josefs Glaube hat ihn gewissermaßen vor menschlicher Verzweiflung bewahrt, denn er hätte dem jüdischen Gesetz gemäß korrekt gehandelt, wenn er sich von Maria getrennt hätte, doch hat Gott gerade durch ihn den Weg seiner Heilsgeschichte fortgeführt und Josef als gerechten Bräutigam Mariens eingesetzt.

„Preist die Größe unseres Gottes, denn er ist treu und gerecht.“

Josef erwies sich in seinem Handeln aber auch als treu. Er ist nicht nur ein gerechter Zimmermann, sondern auch ein treuer Bräutigam. Durch seinen Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber, welches ihm ein Engel im Traum sagt, kommt er seinem Auftrag nach, Maria als seine Frau anzunehmen und somit Verantwortung für das Kommen Jesu, dem Erlöser der Welt, zu übernehmen. Die Antwort Josefs wird zu seinem gehorsamen „fiat“. (vgl. Mt 1, 24)

Möge der Heilige Josef ein starker Fürsprecher für uns bei Gott sein!

In Treue, Gerechtigkeit und Gehorsam; Heiliger Josef, Bitte für uns!

Manuel Hoppermann


Gedanken zum Hochfest des Heiligen Josef von Pfarrer Reinhold Sahner

Sich dem Heiligen Josef zu nähern ist bestimmt für viele ein schwieriges Unterfangen, zu wenig Biographisches geben die biblischen Texte her. Eigentlich fast gar nichts. Doch das wenige, was uns überliefert ist, sollte uns dennoch genügen, uns ein Bild dieses Mannes zu machen. Den Texten des Matthäus- und Lukasevangeliums nach entstammt Josef einer altehrwürdigen jüdischen Familie, die ihre Wurzeln bis an die Anfänge jüdischen Glaubens und Lebens zurückverfolgen kann. Ausdrücklich heisst es, dass Josef aus dem Hause Davids sei, also der königlichen Linie entspringt. Damit reiht er sich ein in die messianischenVerheissungen und erinnert sich der besonderen Berufung seines Vaterhauses. Dieser Berufung entspricht Josef, ein Zaddik (ein Gerechter), mit seiner ganzen Person: er hört auf Gott, nimmt horchend dieses Wort in sich auf, das ihm ein Bote Gottes im Traum erschliesst, akzeptiert den Auftrag Gottes und befolgt ihn treu. Solches Horchen ist ein Ge-horchen. Glauben heisst, das Wagnis mit Gott einzugehen, sich Gottes Wort, seinen Weisungen zu ergeben und es in seinem Leben in die Tat umzusetzen. So wird er nicht nur zum stummen, sondern frommen Diener am Wort, zum Vertrauten Marias, die das göttliche Wort, Jesus, in ihrem Leib (aus)trägt; so kann er seine eigenen, von Gott durchkreuzten  Pläne, auch und gerade in der schweren Zeit des Fragens und Zweifelns, hintanstellen und sich neu einlassen auf das Geheimnis der Menschwerdung. Im wahrsten Sinne des Wortes wird er so zum Mann der Braut Maria, zu ihrem Bräutigam; wird so zum Menschen, denn auch diese Bedeutung hat das mittelhochdeutsche Wort „gam“.

In der Liturgie der Kirche feiern wir nicht nur Josef als den Bräutigam der Gotttesmutter Maria, wie das heutige Fest heisst, sondern auch Josef, den Arbeiter. Arbeit bedeutet Mitwirken. In der Tradition der jüdischen Auslegung – und auch der unsrigen in der Kirche – heisst das: wir sind berufen, aktiv an der Schöpfung Gottes teilzunehmen; aber für uns Christen zusätzlich auch am Erlösungswerk Christi, um so die gesamte Schöpfung ihrem letztendlichen Ziel zuzuführen, der Heilung der Welt und der Heiligung oder Verherrlichung Gottes.

Deshalb trägt der heilige Josef auch den Titel „Patron der Kirche“. 150  Jahre ist es her, dass ihm dieser Titel für die ganze Kirche verliehen wurde. Die Kirche entfaltet sich in Raum und Zeit. In dieser Gemeinschaft der Heiligen sind wir alle untereinander verbunden, mit den Lebenden und den Toten (wie wir es im Glaubensbekenntnis beten) und verweisen in unserem Dasein füreinander auf die Fülle des Lebens, die uns mit Christus Jesus, dem Herrn der Kirche, durch sein Leben, sein Leiden und Sterben, aber auch durch seine Auferstehung  sicher ist.

Und so dürfen wir im Sinne Josefs freudig beten:

„Gott, schenke mir
ein Ohr, das zu lauschen weiß,
Augen, die offen und wach sind,
ein Herz, das annimmt und aufnimmt,
einen Ruf, der mich gehorchen und aufbrechen lässt.“ Amen


Beschützer der Jungfrauen, Stütze der Familien, Schrecken der Dämonen – wer mit solchen Titeln bedacht wird, muss ein mächtiger Mann voll Kraft und Tapferkeit sein. Er entspricht sicherlich nicht den häufig anzutreffenden Darstellungen des heiligen Josef als zerbrechlicher Greis, der unbeteiligt abseits des Geschehens ein Nickerchen hält. Josef mag zwar älter als seine Braut Maria gewesen sein, doch er muss ein Mann im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen sein, wenn er die Strapazen äußerst langer Wanderungen – etwa bei der Flucht nach Ägypten – auf sich nehmen konnte.

Wenngleich ihm zwar als Ziehvater des Gottessohnes tiefe Verehrung entgegenbracht wurde, führte der heilige Josef in der Theologie und Doktrin lange Zeit eher ein Schattendasein. Erst in den letzten 150 Jahren gewann er immer mehr an Bedeutung: So wurde er 1870 etwa zum Schutzpatron der ganzen Kirche erhoben, wird seit 2013 in allen Hochgebeten des ordentlichen römischen Ritus angerufen und vor wenigen Tagen haben wir – zum ersten Mal in der Kirchengeschichte – das Jahr des Heiligen Josefs begonnen.

Inmitten einer Gesellschaft, in der die Männlichkeit so oft der Lächerlichkeit preisgegeben wird, und des gewaltigen Kampfes, der in der heutigen Zeit um Ehe und Familie tobt, scheint die Stunde des Heiligen Josefs geschlagen zu haben, dessen Vorbild als Ehemann und Vater wir dringender denn je bedürfen. Immer mehr Menschen entdecken in ihm, der wie kein anderer die Tugenden der Geduld und Keuschheit verkörpert, ein lebensnahes Vorbild, mit dem sie sich identifizieren können – war er doch mit harter Arbeit und den alltäglichen Sorgen um das Wohl der Familie bestens vertraut.

Kein Wort von ihm wird uns ihm Neuen Testament überliefert – Werke wiegen mehr als Worte. Und doch ist er nach der Gottesmutter der wichtigste Heilige, der als stiller Zeuge so nah wie nur sie an der Quelle der Gnade war: Jesus Christus. Er, der Jesus auf eine Weise liebte, wie kein anderer Mensch ihn zu lieben vermag, nämlich mit dem Herz eines Vaters, möchte auch unser geistlicher Vater sein. Als Patron der Sterbenden ist er unser persönlicher Patron, sehen wir doch alle früher oder später unweigerlich dem Tod ins Auge. Wie schön wäre es, im letzten Kampf des Todes wie er sterben zu dürfen, in den Armen Mariens und im Beisein Jesu!

Theresa von Avila pflegte ihre Freunde – unter anderem den großen Meister des geistlichen Lebens Johannes vom Kreuz – zur Andacht des Heiligen Josefs geradezu herauszufordern. Lassen auch wir uns von dieser großen Heiligen inspirieren:

„Zu meinem Fürsprecher und Herrn erwählte ich den glorreichen heiligen Joseph und empfahl mich ihm recht inständig. Ich erinnere mich nicht, ihn bis jetzt um etwas gebeten zu haben, was er mir nicht gewährt hätte. Andern Heiligen scheint der Herr die Gnade gegeben zu haben, nur in einem bestimmten Anliegen helfen zu können; diesen glorreichen Heiligen aber habe ich in allen Stücken als Nothelfer kennengelernt. Der Herr will uns ohne Zweifel zeigen, daß er ihm im Himmel alles gewähre, was er von ihm begehrt…Dies haben auch einige andere Personen erfahren, denen ich geraten, sich ihm zu empfehlen. Ich möchte jedermann zureden, diesen glorreichen Heiligen zu verehren, weil ich aus vieler Erfahrung weiß, wie viele Gnaden er bei Gott erlangt. Niemals habe ich jemand kennengelernt, der eine wahre Andacht zu ihm trug und durch besondere Übungen ihm diente, an dem ich nicht auch einen größeren Fortschritt in der Tugend wahrgenommen hätte; denn er fördert die Seelen, die sich ihm anempfehlen, gar sehr.“

 

Milena Marton

 

[Dieser Beitrag erschien am 21. Januar 2021 in der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“.]


Eine geistliche Betrachtung über Josef von Nazaret

 

Es ist nicht viel, was wir über Josef von Nazaret wissen. Außer seinem fürsorglichen Tun ist in den Evangelien wenig über ihn gesagt.

Und doch gib es ein Wort – ein einziges nur – mit dem er besonders beschrieben wird. Sehr früh schon wird es erwähnt: „Josef, der Mann Marias, der gerecht war“, heißt es da.

Dieses kleine Wort bedeutet im biblischen Zusammenhang weit mehr, als wir heute darunter verstehen. Es wird einem Menschen zuerkannt, der gut und vorbildlich gelebt hat. Er lebt richtig Gott gegenüber in der Annahme und Befolgung seines Wortes, und er lebt richtig den Menschen gegenüber, vor allem denen, die ihm anvertraut sind oder die als Hilfsbedürftige sich an ihn wenden. Auf dem Jüdischen Friedhof unserer Stadt ist für Männer, die so bezeichnet wurden, eine Krone auf dem Grabstein mit hinzugestaltet. Es ist die Krone des guten Namens, zum Zeichen eines vorbildhaften, gerechten Lebens, welche die Nachkommen dem Vater gesetzt haben.

Zu einem solchen gerechten Leben müssen nicht unbedingt Heldentaten vollbracht werden. Es gilt in den gewöhnlichen Anforderungen des Lebens das Beste zu geben. In gefahrvollen Zeiten ist das meistens schon heldenhaft genug. Und das gilt auch für Josef.

Bei ihm waren es wohl drei wichtige Aufgaben.

Die erste dürfte der Schutz gewesen sein für seine Frau Maria und das Kind Jesus, den es sichern zu galt. Die zweite war die Aufgabe, die Familie stets ausreichend ernähren und versorgen zu können. Dazu diente ihm sein Beruf. In der kirchlichen Tradition wird er als Zimmermann bezeichnet. Doch das griechische Wort ‚tekton‘ – wiederum ist nur ein einziges Wort dafür gegeben – kann mehr bedeuten und bezeichnet eher einen Fachmann für das Bauen ganzer Häuser.

Als drittens muss er den Seinen, vor allem dem Kind gegenüber, ein gutes Vorbild sein, ihm mit kluger und sicherer Führung den Weg ins Leben weisen, vielleicht dazu noch in freundschaftlicher, verständnisvoller Begleitung.

Gilt das nun auch für Josef? Lässt sich das irgendwo ablesen? – Machen wir uns auf die Suche!

Es wird heute oft darauf hingewiesen, wie wichtig die Erfahrungen eines Kindes mit dem eigenen Vater für seine Glaubensentwicklung sein können.

Eine von Ängsten und bedrückenden Erlebnissen geprägte Kindheit kann leicht ein väterliches oder auch mütterliches Gottesbild verdunkeln. Umgekehrt ist eine gute und glückliche Vaterbeziehung eine große Hilfe beim Aufbau einer vertrauensvollen Hinwendung zu Gott.

Nun gibt es aber niemanden, der eine engere und liebevollere Nähe zu Gott als barmherzigen, verständnisvollen Vater gezeigt und vorgelebt hat, als Jesus selbst.

Dürfen wir aus diesem Gedankengang heraus nicht annehmen, dass Josef durch sein Vorbild dazu beigetragen hat?

Ist es überhaupt denkbar, dass Jesus ohne die Erfahrung einer engen, vertrauensvollen Beziehung zu dem Mann, der in seinem irdischen Dasein die Vaterstelle für ihn einnahm, uns später im Gleichnis vom verlorenen Sohn einen solchen barmherzigen und vergebungsbereiten Vater vorstellen konnte?

Oder dass er noch in der schwersten Stunde der Angst am Ölberg an der liebevollsten Gottesanrede festhält, die es gibt, und die ausdrücklich mit dem ursprünglichen Wort Abba – liebster Vater – wiedergegeben wird?

Nun könnte man einwenden: Die außergewöhnliche Nähe zu Gott als seinem Vater erwächst doch allein aus seiner eigenen göttlichen Herkunft heraus. Aber das hieße, die menschliche Seite dabei nicht genügend ernst zu nehmen. So dürfen wir den Beitrag Josefs an der Entwicklung Jesu keineswegs geringachten.

Und dann gibt es ja noch das ganz große Zeugnis Jesu für seine einzigartige, väterlich bestimmte Gottesbeziehung, das Gebet, das er den Jüngern selbst gelehrt hat, damit sie es weitergeben, so dass es auch zu uns gelangen konnte.

Wenn wir den aufgezeigten Gedankengang nun mit dem Gebet des Vaterunsers zusammenbringen, so lässt sich mit gutem Grund sagen, dass darin auch etwas vom Wirken Josefs aufgenommen sein könnte, auf stille, ganz unscheinbare Weise, so wie es ihm nach dem Zeugnis der Evangelien entspricht.

Und doch können wir es heraushören, etwa in der Bitte um Erlösung von dem Bösen, die ja den Schutz vor Gefahren benennt, oder in der Bitte um das tägliche Brot als der Sorge um Nahrung und Wohlergehen, um die sich Josef bemühte.

Am meisten ist es jedoch die liebevolle, väterliche Anrede, mit der das Gebet eröffnet wird und aus der wir das besondere Wort Abba, liebster Vater, mit heraushören dürfen.

Denn so hat ihn der kleine Junge mit seiner Kinderstimme wohl auch angesprochen.

Abba – sieh doch, was ich gemacht habe!

Abba – darf ich kurz zu dir kommen?

Später hat er diese vertrauliche Anrede auf den großen Vater im Himmel umgewendet in seinem Gebet, das auch wir mit ihm sprechen dürfen: Abba – Du Vater unser im Himmel.

Wenn wir es so sehen, dann ist stillschweigend die Verehrung für den, der irdischerseits die Vaterstelle so verantwortlich und freundschaftlich für ihn ausgefüllt hat, in dieses Gebet eingeflossen.

Die Krone seines guten und gerechten Namens ist hier für immer mit aufbewahrt.

Und es hätte doch keinen schöneren und größeren Ort dafür geben können.

 

Christoph Schmid, Laupheim


Josef – Er ist der Mann am Rande, im Schatten.

Der Mann der schweigenden Hilfestellung und Hilfeleistung.

Der Mann, in dessen Leben Gott dauernd eingreift mit neuen Weisungen und Sendungen.

Die eigenen Pläne werden stillschweigend überholt. Immer neue Weisung und neue Sendung, neuer Aufbruch und neue Ausfahrt.

Er ist der Mann, der sich eine bergende Häuslichkeit im stillen Glanze des angebeteten Herrgotts bereiten wollte und der geschickt wurde in die Ungeborgenheit des Zweifels, des belasteten Gemütes, des gequälten Gewissens, der zugigen und windoffenen Straßen, des unhäuslichen Stalles, des unwirtlichen fremden Landes.

Und er ist der Mann, der ging.

 

Alfred Delp, Weihnachten 1944


Geht alle zu Josef, dem Vater der Armen.

Er stillet den Kummer, er heilet den Schmerz,

sein Vaterherz glühet von Lieb‘ und Erbarmen.

Fleht innig zu ihm und tut auf euer Herz!

Ihm gleichet kein Engel an Hoheit und Würde,

weil Gott ihm sein Liebstes zur Pflege vertraut.

Groß ist der Auftrag, doch leicht wird die Bürde,

es steht ihm zur Seite die göttliche Braut.

 

Seht Josef, Maria, das Kind in der Mitte,

welch himmlisch entzückendes Bild!

Das Kindlein gewährt ihm huldvoll die Bitte,

denn Josef fleht liebend und väterlich mild.

 

 Drum eilet zu Josef, er wird euch erretten!

In Gott ist er mächtig, und an Güte sehr reich.

Er sprenget der Sünde satanische Ketten.

Seid dem Gerechten, dem Heiligen, gleich!

 

Volksgut, 1913


Josef Pieper

Fragmente

 

Über hörendes Schweigen

Nur wer schweigt, hört. Und nur das Unsichtbare ist durchsichtig. Hier allerdings ist ein tieferes Schweigen erfordert, als es die bloße Enthaltung von Wort und Äußerung ist. Es gibt auch ein inneres Wort; und auch dieses muß verstummen, damit die Dinge zu Wort gelangen können.

Doch „tötet“ der in Wahrheit Hörende sich nicht ab zu widernatürlicher und widergeistiger Stummheit. Und sein Schweigen ist keineswegs leere und tote Lautlosigkeit.

In diesem Schweigen ist nicht nur Hören, sondern auch Antwort. Was der wahre Hörer sich verbietet, ist einzig dieses: die selbsteigene Sonnenhaftigkeit des die Sonne erblickenden Auges zu trüben, der dem Seienden in innerster Gleichartigkeit ent-„sprechenden“ Antwortkraft der Seele ins Wort zu fallen.

Dem also schweigenden Hörer aber, ihm allein, erschließt sich die Welt; und je schweigender er lauscht, desto reiner vermag er die Wirklichkeit zu gewahren.

Weil „Vernunft“ nichts anderes ist als die Kraft, Wirklichkeit zu „vernehmen“, darum stammt alle vernünftige, sinnvolle, gesunde, klare, herzbewegende Rede aus hörendem Schweigen. Es bedarf also alles Reden der Eingründung in die mütterliche Tiefe des Schweigens. Sonst ist das Wort herkunftslos; es wird Geschwätz, Lärm, Betrug.

Nicht allein wenn wir unter die Schwelle unseres Wesens hinabgezwungen, sondern auch wenn wir über unser Vermögen hinausgehoben werden, verlieren wir die Sprache.

Der Herzbereich menschlichen Seins, der bebaute Acker von Wort und Sprache, grenzt also, rechts wie links, an die Wortlosigkeit: an das Verstummen der unmündigen Kreatur, das Verstummen des Mystikers. Nach unten aber, in die Tiefe, treibt die Rede ihre Wurzeln ins nährende Erdreich des Schweigens.


St. Josef

 

Du bautest dir ein Haus

und warst Verwalter nur.

Du suchtest deinen Weg

und folgtest andrer Spur.

 

Du hörtest und gehorchtest

und gabst den Namen kund,

den anderen, nicht deinen,

den aus des Engels Mund.

 

Gott konnte auf dich bauen,

du schütztest seine Saat.

Du stelltest keine Fragen,

dein Hören wurde Tat.

 

Sei mit uns hier und heute,

du Mann der Achtsamkeit,

und mach für Gottes Wirken

uns Ohr und Hand bereit.

 

Renate Krüger


„Gehet zu Josef!“

 

Ich erinnere mich nicht, von dem heiligen Josef etwas begehrt zu haben, ohne daß ich es alsbald erlangte.

Es hat den Anschein, als ob Gott den anderen Heiligen nur die Macht verliehen habe, in bestimmten Nöten hilfreich zu sein; hingegen vermag dieser glorreiche Heilige, wie die Erfahrung beweist, in allen Stücken zu helfen.

Dadurch gibt uns der Herr zu verstehen, daß, gleichwie er hienieden in allen Dingen ihm gehorsam war, er auch im Himmel alle seine Wünsche erfüllen wolle.

Da ich aus fortgesetzter Erfahrung weiß, welch kostbare Gnade er von Gott für diejenigen erwirkt, die sich an ihn wenden, so möchte ich jedermann mit großer Andacht zu ihm beseelen.

Ich kenne von allen Seelen, die ihn treu verehren, keine einzige, die nicht täglich neue und rasche Fortschritte in der Vollkommenheit machte.

Seit mehreren Jahren bitte ich ihn an seinem Feste jedesmal um eine besondere Gnade, und noch nie wurde sie mir verweigert.

Wer meinen Worten nicht glauben will, den bitte ich um der Liebe Gottes willen, es selbst zu erproben; er wird durch eigene Erfahrung zur Einsicht gelangen, wie förderlich es ist, diesem glorreichen Patriarchen sich anzuempfehlen und sich seinen andächtigen Verehrern beizugesellen.

Teresa von Avila


NÄHRVATER UNSERER LIEBE ZU CHRISTUS

„Und Jesus war, als er zu lehren anfing, ungefähr dreißig Jahre alt, und man hielt ihn für den Sohn des Joseph.“ Die Zeitgenossen Christi lebten über die Person des Herrn im Irrtum. Jesus war nicht der Sohn des Joseph, eines menschlichen Vaters. Wenn wir vom Evangelium des heiligen Lukas absehen, tragen die Aussagen der Evangelien über die Herkunft Jesu nur andeutendes Gepräge. Bei Matthäus steht zu lesen: „Abraham zeugte den Isaak; Isaak zeugte den Jakob; Jakob zeugte den Juda und seine Brüder…“ In dieser Schreibart geht es fort bis auf „Jakob, der den Joseph zeugte, den Mann Mariens“; da ändert der Evangelist plötzlich die Sprache und schließt die Abstammungsurkunde nicht, wie der oberflächliche Leser vermuten möchte, „Joseph zeugte“, sondern „Jakob zeugte den Joseph, den Mann Mariens, aus der geboren ward Jesus, der genannt wird Christus“. Neununddreißigmal wiederholt sich das „zeugte“, bis der Name des heiligen Joseph im Stammbaum erscheint. Der Evangelist kennt den Leserkreis, an den er sich zunächst wendet, nur zu gut. So früh schon hat die Kirche die Kunst der verhaltenen Ausdrucksweise geübt. – Das Heilige den Heiligen!

Die kurze Angabe des Evangelisten über den Nährvater Jesu steht in einem bedeutenden Zusammenhang. Vorauf gehen die Worte: „In jenen Tagen, als alles Volk sich taufen ließ, geschah es, dass auch Jesus getauft wurde, und da er betete, öffnete sich der Himmel, und der Heilige Geist kam in leiblicher Gestalt gleich einer Taube auf ihn herab, und eine Stimme ertönte vom Himmel: Du bist mein geliebter Sohn; an dir habe ich mein Wohlgefallen. Und Jesus war, als er zu lehren anfing, ungefähr dreißig Jahre alt, und man hielt ihn für einen Sohn des Joseph.“ So finden wir den kurzen Hinweis des Evangelisten auf den Irrtum der Juden in die unmittelbare Nachbarschaft eines der erhabensten biblischen Texte gerückt. Der Gegensatz wird jedem fühlbar. Hier die Offenbarung des dreieinigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, im Leben Jesu und dort die nüchterne, stillschweigende Richtigstellung: Die Juden meinten, Jesus sei der Sohn des Joseph. Matthäus schließt also beide Anfänge im Leben Jesu, seine Empfängnis und seine Taufe, im Glaubensgeheimnis vom dreieinigen Gott zusammen.

Der heilige Franz von Sales hat dem heiligen Joseph einen ebenso wahren wie schönen Ehrennamen geschaffen; er heißt ihn „den Nährvater unserer Liebe zu Christus“. Damit hat der große Bischof die heilsgeschichtliche Sendung des heiligen Joseph aufs glücklichste bezeichnet. Nährvater Christi zu sein war seine erste Aufgabe; in ihr und durch sie ist er zu seiner zweiten herangereift, der Nährvater unserer Liebe zu Christus zu werden. Jahrhunderte sind vergangen, ehe die geistliche Welt die wahre Größe des Nährvaters Christi gebührend gewürdigt hat. Sein Sternbild war wohl immer am Himmel der geistlichen Kirche zu finden; allein seine milde Schönheit übt Macht erst seit wenigen Jahrhunderten. Vergebens fahnden wir in den Schriften der Väter nach einem Wort über den heiligen Joseph, wie Franz von Sales es uns geschenkt hat. Langsam, fast unbeachtet ist das Sternbild seines ehrwürdigen Lebens heraufgewandert. In voller Klarheit hat es die heilige Theresia von Avila gesichtet und ihre Mitwelt darauf aufmerksam gemacht. Unter die Sendungen der großen heiligen Frau war auch diese einbeschlossen, den heiligen Joseph für die Kirche zu „entdecken“, und es lohnt der Mühe wohl, darüber nachzudenken, wieso es zu dieser Entdeckung kam; was die Heilige dafür besonders empfänglich gemacht hat. Die Heilige musste ihre Entdeckung mit einem jahrelangen, schweren Seelenleiden teuer genug erkaufen. Theresia konnte über sich selbst nicht zur Ruhe kommen. Gott hat sie ungewöhnliche Wege geführt, und sie wusste oft gar nicht, wie sie sich verhalten sollte; ja nicht einmal, wer sie denn führe, Gott oder der Teufel. In solcher Herzensnot hält sie Ausschau nach einem Heiligen, an dessen Seelenleiden sie sich aufrichten konnte. Augustin liebte sie sehr und las seine Konfessionen. Da sie sich für eine große Sünderin hielt, liebte sie alle Heiligen, die aus der Tiefe zur Höhe der Vollkommenheit und des Glaubens gewandert waren. Allein, das seelische Leiden des großen Kirchenlehrers lag doch auf einer andern Ebene. Theresia hat nicht um den Glauben gerungen; ihr Leiden war ein Leiden im Glauben selbst. In dieser Not hebt sich ihr die Gestalt des heiligen Nährvaters Christi aus der Reihe der Heiligen ab; des Heiligen, der auch einmal in seinem Leben nicht wusste, wo aus und ein. Und sie fasste Vertrauen, und ihr Vertrauen wurde belohnt; der heilige Joseph ist der Nährvater ihrer Liebe zu Christus geworden, und aufs Große gerichtet, wie ihr Geist nun einmal war, erkannte die seltene Frau jenes Gesetz in der Sendung des Nährvaters Christi, das Franz von Sales in eine so schöne Form gegossen. Die Kirche war durch Theresia in der Erkenntnis geistlicher Dinge reicher geworden. Der Inhalt eines neuen Festes begann sich zu entfalten, des Schutzfestes des heiligen Joseph.

Jeder Heilige hat eine über seine unmittelbare geschichtliche Sendung hinausweisende Berufung. Bei vielen Heiligen kennen oder ahnen wir sie; bei andern nicht. Jeder Heilige nimmt seine reinste Sehnsucht und seine reinsten unerfüllten Wünsche hinüber zu Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus. Aus dieser seiner reinsten Sehnsucht heraus wirkt er auch nach seiner Vollendung in der Liebe seines Gottes, von ihr genährt und getragen, auf die Schicksale des Reiches Gottes in der Welt. Wir haben dazu ein lehrreiches Beispiel im Buch der Makkabäer. Judas, der heldenmütige Verteidiger des Glaubens und der Heimat, sieht sich eines Tages einer überlegenen Streitmacht gegenüber. Im Schlaf stärkt ihn Gott durch ein Traumgesicht. Judas erzählt anderen Tages, der frühere Hohepriester Onias, ein edler, trefflicher Mann, bescheiden im Umgang, sanft von Sinnesart, würdevoll in seiner Rede und von Jugend an einem tugendhaften Leben ergeben (so zeichnet die Schrift das Bild des Toten), habe mit ausgebreiteten Händen für die ganze Gemeinde der Juden gebetet. Darauf sei ihm ein Mann mit grauen Haaren erschienen, von majestätischem Aussehen, umstrahlt von wunderbarer, herrlicher Hoheit. Onias habe nun das Wort ergriffen und gesagt: „Dieser ist der Freund unserer Brüder, der so viel für das Volk Gottes und die Heilige Stadt betet, Jeremias, der Prophet.“ Dann habe Jeremias die Rechte ausgestreckt und dem Judas ein goldenes Schwert gegeben und die Obergabe der Waffe mit folgenden Worten begleitet: „Nimm das heilige Schwert als ein Geschenk Gottes; damit sollst du die Feinde schlagen“ (2 Makk. 15, 12-16).

Was sehen wir? Wir sehen, dass der herrliche Mann Jeremias die Sorge und die Liebe für sein Volk mit in die Ewigkeit genommen hat und dass er ihm in der Stunde der Gefahr durch sein fürbittendes Gebet nahe ist; dass Jeremias immer noch der ist, der er einmal auf Erden war. Der Erzählung aus alten Tagen reiht sich eine aus der Heiligengeschichte der neuesten Zeit an, ganz Geist von ihrem Geiste. Die heilige Theresia vom Kinde Jesus lebte in einem Orden, der sich dem Gebet, dem Olaf er und der Abtötung weiht. Der Karmel ist ein beschaulicher Orden mit strengster Klausur. Theresia konnte ihrer starken Neigung zur Tätigkeit am Reiche Gottes nur durch Gebet und Opfer Ausdruck verleihen. Selbst in die Missionen zu gehen und für Christus zu werben war ihr versagt. Aber die unstillbare Sehnsucht danach blieb in ihr, und diese ihre reine Sehnsucht hat sie hinübergeleitet in den Zustand ihrer Vollendung. Und es geschah das Merkwürdige, dass Theresia aus dem Mund des Stellvertreters Christi ihre Sendung als Schutzpatronin der Missionen und Glaubensboten empfing und so die stille Sehnsucht ihrer Seele erfüllt wurde.

Auch der Nährvater Jesu ist in seine Vollendung eingegangen als der, der er war. Auch der heilige Joseph hat seine reinsten Sorgen und Sehnsüchte vor das Antlitz Gottes getragen. Welche Sorgen und Vollendungswünsche könnten das gewesen sein? Welche Kräfte der Gnade und des persönlichen Lebens haben die Wesensgestalt des Heiligen bestimmt? Darüber gibt die Schrift klaren Bescheid. Die Sendung des Heiligen Joseph ist gewesen, die Geheimnisse Gottes vor den Augen der Welt zu verbergen; die Ehre Mariens und das Leben des göttlichen Kindes zu schützen. Die Geheimnisse Gottes hat er verhüllt einfach dadurch, dass er da war; die Ehre Mariens und das Leben des Kindes hat er behütet durch die Lauterkeit seines Wesens und den Unverzug seines Gehorsams. Die tragende Kraft seines Lebens aber war wie bei allen großen Heiligen der Glaube. Die Glaubenskraft des heiligen Joseph ruft, die Erinnerung wach an die Gründergestalten seiner Kirche; an Männer wie Abraham und Moses. Obgleich der heilige Joseph nicht der leibliche Vater Jesu war, ehrt ihn die Schrift doch durch den Ehrennamen eines ‚Vaters Jesu und das aus dem Munde der Mutter Jesu: „Sieh! Dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.“ Mit gutem Recht geschieht das. Denn der heilige Joseph war einmal der gesetzliche Vater Jesu; dann aber hat er sich den Vaternamen verdient. Vater wird einer erst durch die opferbereite, sich selbst vergessende Liebe. Erzeuger sein heißt noch nicht Vater sein. Das Erzeugertum hat der Mensch mit den Geschöpfen einer geringeren Ordnung gemein; die Vaterschaft nicht. Vor allem aber: Vater Christi zu sein war die heilsgeschichtliche Sendung des heiligen Joseph. Und nun glauben wir, dass der heilige Joseph die Sorgen seiner Vaterschaft in den Zustand seiner Vollendung mitgenommen hat; dass er seine Liebe zu Christus und Maria auf die Glieder des Leibes Christi überträgt und kein reineres und innigeres Verlangen kennt, als der Nährvater ihrer Liebe zu Christus zu sein. – „Zu meinem Fürsprecher und Herrn“ – Worte der heiligen Theresia von Avila – erwählte ich den glorreichen heiligen Joseph und empfahl mich ihm recht inständig. Und in der Tat, ich habe klar erkannt, dass dieser mein Vater und Herr es gewesen, der mich sowohl aus meiner damaligen Not als auch aus anderen, noch größeren Nöten, die meine Ehre und das Heil meiner Seele betrafen, gerettet und mir sogar mehr noch verschaff hat, als ich zu bitten gewusst. Ich erinnere mich nicht, ihn bis jetzt um etwas gebeten zu haben, was er mir nicht gewährt hätte. Ja es ist zum Erstaunen, welch große Gnaden mir Gott durch die Vermittlung dieses glückseligen Heiligen verliehen und aus wie vielen Gefahren des Leibes und der Seele er mich durch ihn befreit hat. Andern Heiligen scheint der Herr die Gnade gegeben zu haben, nur in einem bestimmten Anliegen helfen zu können; diesen glorreichen Heiligen aber habe ich in allen Stücken als Nothelfer kennen gelernt. Der Harr will uns ohne Zweifel zeigen, dass er ihn im Himmel alles gewähre, was er von ihm begehrt, nachdem er ihm auf Erden als seinem Nähr- und Pflegevater, der das Recht hatte, zu befehlen, untertänig gewesen war.“ So hat eine große Heilige die immerwährende Mission Josephs an sich erfahren, der Nährvater unserer Liebe zu Christus zu sein.

Unwillkürlich, durch das, was die Schrift am Wesensbild des heiligen Joseph schauen lässt, glauben wir seine menschliche Erscheinung in der Schilderung wieder zu erkennen, die dem Hohenpriester Onias gewidmet ist: „Ein edler, trefflicher Mann, bescheiden im Umgang, sanft von Sinnesart, würdevoll in seiner Rede und von Jugend auf einem tugendhaften Leben ergeben.“ Und in der seligen Vollendung denken wir ihn uns wie Jeremias: „Von majestätischem Aussehen, umstrahlt von wunderbarer, herrlicher Hoheit.“ Das erste Bild spricht vom Nährvater Christi das zweite vom Schutzherrn der Weltkirche, vom Freunde unserer Brüder, der soviel für das Volk Gottes und die Heilige Stadt betet. Schutzherr der Kirche zu sein, setzt das Amt fort, das Joseph im Leben so ehrenvoll ausübte. Die Sorge des in Gott Vollendeten gilt der Gemeinschaft, deren Haupt Christus ist; gilt vor allem dem Nachfolger des heiligen Petrus; den Bischöfen, den Priestern und christlichen Eltern; den christlichen Erziehern; allen, die das göttliche Geschenk der rechtfertigenden Gnade in den Seelen bewahren und pflegen. Sie haben am Nährvater Jesu ihren Fürsprecher und Helfer; ihren, darf man sagen, von Amts wegen bestellten Fürsprecher. Seine Vatersorge wendet sich zu allen, die es ernst nehmen mit dem geistlichen Leben, denen an der Liebe ihres Christus wirklich etwas gelegen ist; zu den Seelen, die auf Wachstum in der Erkenntnis Christi bedacht sind und wahre, würdige Glieder an seinem Leibe sein wollen. Sie werden den großen, stillen Heiligen nicht umsonst als den Nährvater ihrer Liebe zu Christus anrufen und ihm ihr besseres Selbst in Hut geben. Und nicht umsonst werden ihn um seine Hilfe angehen die Tausende, die das Leben in die Enge getrieben hat; Menschen, die sich keinen Rat mehr wissen; Menschen, die um ihre Ehre bangen; Menschen, die sich nicht mehr aussprechen können; Menschen, auf denen ein böser Schein lastet und die aus dem giftigen Zwielicht des bösen Verdachtes und falschen Argwohns nicht mehr herausfinden. Der Heilige durfte auch nicht sagen, was er wusste, und musste schweigend hinnehmen, was seine Landsleute aus Unwissenheit über ihn sagten. Nicht umsonst scheint das Leben des heiligen Joseph wie in Schweigen getaucht. Es war ihm nicht zugewiesen, so ohne alle Fragen und unbekümmert vor sich hin zu leben. Welt-weit im Glauben wollte Gott das Herz des Heiligen machen, den die Juden aus Unwissenheit für den Vater Jesu hielten, den er aber in schwerem, seelischem Leiden mählich bereitete für die große Sendung der Zukunft, der Nährvater unserer Liebe zu Christus zu werden.

 

Josef Weiger, Maria, Mutter des Glaubens (1948), S. 11 ff

 


II – Gebete

Ida Friederike Görres (1901-1971),  Entwurf zu einer Josephs-Litanei[1]

 

Joseph, du Schatten des Ewigen Vaters,

  du Pflegevater des Ewigen Sohnes,

  du Jünger des Heiligen Geistes,

Auserwählter des Dreieinigen Gottes.

 

Joseph, Haupt der Heiligen Familie,

  Gemahl der Gottesmutter,

  Ernährer des Menschensohnes,

  Vormund des Ewigen Wortes,

  Erzieher Jesu,

  Hüter deines Herrn,

  Schützer der Quelle,

  Bewahrer der Geheimnisse,

  Wächter unsres Heiles.

 

Joseph, du Ehre Israels,

  du Sohn Davids,

  mit Maria verlobt,

  von Zweifeln zerrissen,

  von Engeln getröstet,

  von Engeln belehrt,

  von Träumen erleuchtet,

  das Gesetz erfüllend,

  von Gnade überwältigt,

  Zeuge der Geburt Christi,

  Flüchtling in Ägypten,

  Zimmermann in Nazareth.

 

Joseph, du gerechter Mann,

  du getreuer Knecht,

  staunend und schweigend,

  vollkommen in Einfalt,

  Fels der Geduld,

  demütig und weise,

  großmütig und stark,

  jedem Wink Gottes bereit,

  allzeit gehorchend,

  allzeit entsagend,

  glaubend ohne zu sehen,

  lebend aus Vertrauen,

  bewährt in der Liebe,

sterbend in der Erwartung,

harrend vor der Schwelle,

heimgeholt in der Himmelfahrt des Herrn.

 

Joseph, Freund der Familien,

  Spiegel der Ehen,

  Beschützer der Kinder,

  Vorbild der Priester,

  Leuchte des Alltags,

  Führer in Gefahren,

  Geleiter ins Ungewisse,

Patron der Kinderlosen,

Tröster der Verzichtenden,

Ernährer der Armen.

 

Joseph, gesegnet und selig,

  erhöht von der Dankbarkeit Jesu,

  gekrönt mit Herrlichkeit,

  Fürst im Haus Gottes,

  waltend über seine Güter,

  austeilend Speise zur rechten Zeit,

  mächtigster Fürbitter,

  Schutzherr der Kirche, bitte für uns, Amen.

 

[1] Ida Friederike Görres, Entwurf zu einer Josephs-Litanei, in: dies., Aus der Welt der Heiligen, Frankfurt 1955, 21959, 140f.                                            


Josef-Novene (Materialsammlung)

Lieder: Nun bitten wir den Heiligen Geist (GL 348)

             Josephslied (Benedictus 113)

1 – Israel liebte Josef mehr als alle seine Söhne, weil er ihm im hohen Alter geboren worden war. Er ließ ihm einen bunten Rock machen. Als seine Brüder sahen, dass ihr Vater ihn mehr liebte als alle seine Brüder, hassten sie ihn und konnten mit ihm kein friedliches Wort mehr reden (Gen 37, 3.4.).

In der Josefs-Erzählung setzt sich Israel mit der eigenen Geschichte auseinander. Ein Dichter in der Zeit Salomons beschreibt in einer Novelle die Glaubensprobleme seiner Zeit. Israel hatte vielfach erfahren, dass die ihm eigene Kraft in der Einmütigkeit und Solidarität der verschiedenen Stämme besteht und dass die Sünde gegen den Bruder eine der schwerwiegendsten ist. Die Erzählung lässt nun elf Brüder gegen einen stehen; und dieser eine rettet schließlich die anderen.

Maria war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss sich in aller Stille von ihr zu trennen (Mt 1, 18.19)

 

2 – Einst hatte Josef einen Traum. Als er ihn seinen Brüdern erzählte, hassten sie ihn noch mehr. … Sie sahen ihn von Weitem. Bevor er jedoch nahe an sie herangekommen war, fassten sie den Plan, ihn umzubringen (Gen 37, 5.18).

Die Geschichte beginnt mit dem Neid der Brüder auf Josef. Ist es Berufungsneid? Dass sich die Garben der Brüder vor seiner Garbe verneigen, ist ein Hinweis darauf, dass ihm im Fortgang der Verheißungsgeschichte eine besondere Aufgabe zukommt. Aber der Gerechte ist den anderen ein Dorn im Auge und wird mundtot gemacht.

Während Josef noch darüber nachdachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, als deine Frau zu dir zu nehmen, denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben (Mt 1, 20. 21).

Josef ist im Evangelium des Matthäus die Hauptfigur. Die Verkündigung ergeht an ihn und nicht an Maria. Nicht einmal die Geburt wird erzählt.  

 

3 – Der HERR war mit Josef und so glückte ihm alles. Er blieb im Haus seines ägyptischen Herrn. Sein Herr sah, dass der HERR mit Josef war und dass der HERR alles, was er unternahm, durch seine Hand gelingen ließ (Gen 39, 2.3.).

Dass Josef an den Hof des Pharaos kommt, ist eine glückliche Fügung. Er erweist sich als ein geeignetes Werkzeug für die Weisheit und die Güte Gottes.

 

4 – Dann sagte der Pharao zu Josef: Nachdem dich Gott all das hat wissen lassen, gibt es niemand, der so klug und weise wäre wie du (Gen 41, 39).

Josef lenkt jedoch den Blick des Pharao auf das Wirken Gottes, nicht auf sich selbst.

 

5 – Josef gab seinem Erstgeborenen den Namen Manasse – der vergessen lässt -, denn er sagte: Gott hat mich all meine Sorge und mein ganzes Vaterhaus vergessen lassen (Gen 41, 51).

Und Josef gab ihm den Namen Jesus (Mt 1,25)

 

6 – Josef sagte zu seinen Brüdern: Ich bin Josef. Ist mein Vater noch am Leben? Seine Brüder waren nicht fähig, ihm zu antworten, weil sie fassungslos vor ihm standen. Josef sagte zu seinen Brüdern: Kommt doch näher zu mir her! Als sie näher herangetreten waren, sagte er: Ich bin Josef, euer Bruder, den ihr nach Ägypten verkauft habt. Jetzt aber schmerze es euch nicht und es brenne nicht in euren Augen, weil ihr mich hierher verkauft habt. Denn um Leben zu erhalten, hat mich Gott vor euch hergeschickt (Gen 45, 2-5).

Bis zu diesem Punkt hat der Dichter weitgehend auf direkte Aussagen über Gott verzichtet, weil das Handeln Gottes so verborgen ist, dass es nur geglaubt werden kann. Seine Erzählung lehrt: Der Mensch ist auch böse, selbst die zum Volk Gottes Berufenen. Das hat Israel nie beschönigt. Aber im Volk Gottes gibt es die Chance, das geschehene Böse umzulenken und verwandeln zu lassen in Gutes.

Als die Sterndeuter wieder gegangen waren, siehe, da erschien dem Josef im Traum ein Engel des Herrn und sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage … Denn es sollte sich erfüllen, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“ (Mt 2, 13. 15.)

 

7 – Israel sagte: Genug! Mein Sohn Josef lebt noch. Ich will hingehen und sehen, bevor ich sterbe (Gen 45, 28).

Als Herodes gestorben war, siehe, da erschien dem Josef in Ägypten ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und zieh in das Land Israel, denn die Leute, die dem Kind nach dem Leben getrachtet haben, sind tot. Da stand er auf und  zog mit dem Kind und dessen Mutter in das Land Israel (Mt 2, 19-21)

Jesus, Josef und Maria waren aller Wahrscheinlichkeit nach nie in Ägypten. Aber warum erzählt Matthäus davon? Vor dem Hintergrund jüdischer Tradition wird Jesus als die Fortsetzung, als die Vollendung der Geschichten über Josef (AT) und Moses gesehen, die ein ähnliches Schicksal erfuhren. Ägypten war für die Israeliten in mancherlei Not und Gefahr der klassische Zufluchtsort. Und nun wiederholt sich in theologischer Sprache der alte Exodus in neuer Weise. Jesus beginnt nämlich noch einmal den Weg Israels von vorne. So geht er auch für vierzig Tage in die Wüste, wie das Volk Gottes vierzig Jahre durch die Wüste zog. Joseph Ratzinger schrieb dazu in seiner „Ein-führung in das Christentum“: Matthäus und Lukas „…erzählen den Anfang der Geschichte Jesu fast ganz in Worten des Alten Testaments, um … das, was sich hier zuträgt, als Erfüllung der Hoffnung Israels auszuweisen…“ (S. 256)

 

8 – Israel segnete Josef (und dessen Söhne) und sprach: Gott, vor dem meine Väter Abraham und Isaak ihren Weg gegangen sind, Gott, der mein Hirte war mein Lebtag bis heute, der Engel, der mich erlöst hat von jeglichem Unheil, er segne die Knaben. Unter ihnen soll mein Name und der Name meiner Väter Abraham und Isaak genannt werden (Gen 48, 15. 16.)

Als sich für sie die Tage der vom Gesetz vorgeschriebenen Reinigung erfüllt hatten, brachten sie das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn darzustellen, wie es im Gesetz des Herrn vorgeschrieben ist (Lk 2,22).

 

9 – Als Josefs Brüder sahen, dass ihr Vater tot war, sagten sie sich: Wenn sich Josef nun feindselig gegen uns stellt und uns tatsächlich alles Böse vergilt, das wir ihm getan haben. Josef aber antwortete: Fürchtet euch nicht! Stehe ich denn an Gottes Stelle? Ihr habt Böses gegen mich im Sinn gehabt, Gott aber hat hatte dabei Gutes im Sinn, um zu erreichen, was heute geschieht: viel Volk am Leben zu erhalten. Nun also fürchtet euch nicht! Ich selbst will für euch sorgen. So tröstete er sie und redete ihnen zu Herzen (Gen 50, 15. 19-21).

Durch den Anschlag auf Josef, der dadurch nach Ägypten gelangt und aufgrund seiner Klugheit zu hohen Ehren kommt, wird das Volk Israel am Leben erhalten. Erst wenn Gott die Ohren und Herzen des Menschen erreichen kann, ist er allmächtig, Böses in Gutes und Tod in Leben zu verwandeln.

Die Eltern Jesu gingen jedes Jahr zum Paschafest nach Jerusalem. Als er zwölf Jahre alt geworden war, zogen sie wieder hinauf. Auf dem Heimweg … suchten sie nach ihm. … Seine Mutter sagte zu ihm: Kind, warum hast du uns das angetan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. Da sagte er zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört? (Lk 2, 41-51).

Auch in der Familie Jesu, bei Maria und Josef, wird die offensichtliche Berufung des Zwölfjährigen als irritierend, als Zumutung und Störung empfunden. Die vorwurfsvolle Frage der Mutter und ihr Hinweis auf den Kummer, auch von Josef, lassen erkennen, dass sie seine Erwählung noch nicht ermessen können. So lehrt uns die Heilige Familie, dass die natürliche Familie aus sich selbst allein keine heilen Verhältnisse schaffen kann, dass sie angewiesen ist auf den Tempel, die Synagoge, die Kirche, d. h. auf den Raum der Erlösung.

 

Literatur:   Die Tagespost, Forum: Heute das Kind finden, 23. 12. 1999

Koch Bernhard / Stötzel Arnold / Weimer Ludwig (Hrsg.): Wie Gott zu einem   Volk kam, 2003

                    Pesch, Rudolf: Über das Wunder der Jungfrauengeburt, 2002

                    Ratzinger, Joseph: Einführung in das Christentum, 2000

                    Schnackenburg, Rudolf: Matthäusevangelium 1,1 – 16,20 (Kommentar), 1985

 

Dietfried Olbrich, Wolfratshausen

Stand: 11.02.2020


St. Joseph sorg!

 

Schwer und dunkel lastet über uns der Himmel.

Ist denn ewig Nacht und will das Licht uns nimmer scheinen?

Hat der Vater droben sich von uns gewendet?

Wie ein Alpdruck schnürt die Not das Herz zusammen – .

Ist kein Retter weit und breit, der Hilfe wie?

Sieh, ein Strahl dringt siegreich durch die Wolken,

Freundlich blickt ein helles Sternlein nieder

Wie ein Vaterauge gütig-mild.

Und so nehm ich alles, was uns ängstet,

Habe es hoch empor und leg es in die treuen Hände:

                Nimm es auf –

                St. Joseph, sorg!

 

Starke Stürme brausen durch die Lande.

Eichen, die ins Herz der Erde ihre Wurzeln senkten

Und die Kronen stolz zum Himmel hoben,

liegen nun entwurzelt und geborsten –

Greuel der Verwüstung ringsumher.

Rüttelt der Sturm nicht auch an des Glaubens Feste?

Werden ihre heil´gen Säulen brechen?

Unser Arm ist schwach – wer wird sie stützen?

Flehend heben wir zu Dir die Hände:

Du, gleich Abraham des Glaubens Vater,

Stark in Kindeseinfalt, wundermächtig

Durch Gehorsams Kraft und reinen Sinn:

Schirm des neuen Bundes heil´gen Tempel,

                Sei ihm Schutz –

                St. Joseph, sorg.

 

Wenn wir in die Fremde wandern müssen

Und von Haus zu Haus nach Herberg suchen,

Schreit uns dann voraus als treuer Führer,

Du der reinsten Jungfrau Weggenosse,

Du, des Gotteskindes treu besorgter Vater,

Bethlehem und Nazareth, ja selbst Ägypten

Wird uns Heimat, wenn Du bei uns weilest.

Wo Du bist, da ist des Himmels Segen.

Kindlich folgen wir Deinen Schritten,

Fassen deinen Hände voll Vetrauen:

                Sei uns Heimat Du:

                St. Joseph, sorg!

 

Sr. Benedicta a Cruce,19. III. 1939  (Edith Stein)


Josef – Patron der Flüchtlinge

Vatikanstadt – 01.05.2021

Die katholische Kirche erweitert ihre traditionelle Gebetslitanei zu Ehren des heiligen Josef. Wie der Vatikan (Samstag) mitteilte, sind die sieben zusätzlichen Anrufungen des Ziehvaters von Jesus päpstlichen Texten entnommen. Es gehe darum, „die Liebe zu diesem großen Heiligen zu fördern und einen Anstoß zu geben, „seine Tugenden und seine Tatkraft nachzuahmen“, heißt es in einem Schreiben der vatikanischen Gottesdienstkongregation an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen.

Anlass der Bekanntgabe ist der 1. Mai, Gedenktag des heiligen Josef als Patron der Arbeiter; zum anderen der 150. Jahrestag der Erhebung des heiligen Josef zum Schutzpatron der Kirche. Bereits Anfang Dezember hatte Papst Franziskus ein Josef-Gedenkjahr ausgerufen; es soll parallel mit einem „Amoris-laetitia-Jahr der Familie“ begangen werden.

Die neuen zusätzlichen Anrufungen des heiligen Josef in der Litanei lauten:

„Beschützer des Erlösers“, „Diener Christi“, „Diener des Heils“, „Unterstützer in Schwierigkeiten“, „Patron der Flüchtlinge“, „Patron der Leidenden“ und „Patron der Armen“.

Laut Schreiben können die Bischofskonferenzen in ihren Ländern auch andere Anrufungen einfügen, die bei ihnen geläufig sind.

(Quelle: katholisch.de/cph/KNA)


III – Links

Vortrag über den Hl. Josef von Msgr. Peter von Steinitz

https://www.youtube.com/watch?v=aGNn9Tt-W2Q&t=138s


Online-Veranstaltung am 20. März 2021: » Ida Friederike Görres über den hl. Joseph