Wort zum Sonntag, 19. April 2020


Bei der Nennung des Weißen Sonntages kommt uns als erstes der Tag der Erstkommunion der Kinder in den Sinn. Seinen Namen bekam der Weiße Sonntag aus der Zeit der Urkirche als die am Ostersonntag Getauften eine Woche danach ihre weißen Kleider ablegten.

Vor 20 Jahren erhielt der Sonntag nach Ostern einen neuen Akzent. Am 20. April 2000, dem ersten Jahr des 3. Jahrtausends nach der Menschwerdung Jesu Christi, erklärte Papst Johannes Paul II. in seiner Predigt zur Heiligsprechung der polnischen Ordensfrau Faustyna Kowalska (1905-1932), dass von jetzt an der erste Sonntag nach Ostern als Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit zu begehen sei. Die von der Kirche anerkannten Privatoffenbarungen an Schwester Faustyna waren nicht der alleinige Grund, Papst Johannes Paul II. hatte schon 1980 in seiner Enzyklika DIVES IN MISERICORDIA   (Über das göttliche Erbarmen) einen wichtigen Akzent für die Verkündigung gesetzt, der bislang noch nicht in seiner Bedeutung umfassend wahrgenommen worden war.

33 Jahre später nimmt der neugewählte Papst Franziskus diese Linie kraftvoll auf und stellt sein Pontifikat, wie seiner ersten Ansprache beim Angelus am 17. März 2013 herauszuhören ist, unter das Wort Barmherzigkeit. Geradezu launig berichtet er „In diesen Tagen [des Konklaves] hatte ich die Gelegenheit, das Buch eines Kardinals, Kardinal Kaspers, eines Theologen, der sehr tüchtig ist, eines guten Theologen über die Barmherzigkeit zu lesen. Und jenes Buch hat mir sehr gutgetan, doch glaubt jetzt nicht, dass ich Werbung für die Bücher meiner Kardinäle mache! Dem ist nicht so! Doch es hat mir so gut, so gutgetan. Kardinal Kasper sagte, dass von der Barmherzigkeit zu hören, dass dieses Wort alles ändert. Es ist das Beste, was wir hören können: es ändert die Welt. Ein wenig Barmherzigkeit macht die Welt weniger kalt und viel gerechter. Wir haben es notwendig, diese Barmherzigkeit Gottes gut zu verstehen, dieses barmherzigen Vaters, der so viel Geduld und Barmherzigkeit hat.“

Wie leicht ist es heutzutage durch die modernen Kommunikationswege, dieser Absicht von Papst Franziskus in seinen Ansprachen, Predigten und weltweiten Begegnungen nachzu- spüren. Hinzu kommen seine zahlreichen kreativen und überraschenden Initiativen für die Armen, Ausgegrenzten und Flüchtlinge, ein Beispiel und zugleich eine Herausforderung für eine behäbige Christenheit und politisch Verantwortlichen in allen Ländern des Erdkreises.

Mit der Ausrufung eines außerordentlichen Heiligen Jahres der Barmherzigkeit aus Anlass der Beendigung des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren (1965) gab Papst Franziskus zu einer umfassenden theologischen Reflexion und ungezählten Werken der leiblichen und geistlichen Barmherzigkeit einen tiefgreifenden Impuls. Das Heilige Jahr begann am 8. Dezember 2015 und schloss am Christkönigfest 2016. Die „Ernte“ dieses Jahres war so groß, dass wegen der Vielfältigkeit der Initiativen an verschiedenen Orten der Wunsch nach Verlängerung hörbar wurde.

Heute, vier Jahre später, haben wir eine ungeahnte Verlängerung! Das tückische Coronavirus hat seit etlichen Monaten die ganze Welt im Griff. Tagtäglich erfahren wir von neuer „Betroffenheit“ aller Bereiche des sozialen, wirtschaftlichen und auch kirchlichen Lebens. Der selbstverständliche Alltag ist abhandengekommen und fordert zu einem neuen Miteinander, zu Solidarität, zu Rücksicht heraus. Abstand ist zu halten, der dennoch zuwendende Nähe spüren lässt.

In diesen Ostertagen besinnen wir uns wahrscheinlich noch mehr als sonst auf die Begegnung mit dem Auferstanden „in jenen Tagen“. Wie verschieden waren doch die Weisen der Erkenntnis „Es ist der Herr!“. Bei Maria Magdalena genügte das Aussprechen ihres Namens – so wie der gute Hirte schon zuvor gesagt hatte „… sie kennen meine Stimme.“

Der Evangelist Lukas erzählt vom Gang der beiden niedergeschlagenen Jünger nach Emmaus. Jesus geht schon eine Weile mit ihnen, sie merken es nicht, auch als sie auf seine Frage hin „Was sind das für Gespräche, die ihr unterwegs miteinander führt?“, stehenbleiben und ihn wohl auch anschauen, ihn aber nicht erkennen. Dem Zeugnis der Frauen, dass ein Engel ihnen gesagt, Jesu lebe, glauben sie nicht. Erst in der Herberge beim Brotbrechen gehen ihnen die Augen auf und erkennen sie ihn.

Am Abend des Ostertages zeigt Jesus im Abendmahlssaal den verwirrten Jüngern seine Hände, seine Füße und die Seitenwunde und lädt sie ein, ihn zu berühren. Zum Beweis seiner neuen lebendigen Existenz lässt er sich Brot zum Verzehr reichen „Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen“.

Thomas, der diese Begegnung nicht mitbekommen hatte, glaubt seinen Mitbrüdern nicht, er fordert eigene handgreifliche Erfahrung. Jesus geht bei der nächsten Begegnung auf seinen Wunsch ein: „Leg deinen Finger hierher, da sind meine Hände. Reiche deine Hand her und leg sie in meine Seite!“

Begegnen und erkennen wir dem Auserstanden auch heute?
Vernehmen wir seine Stimme, wenn er uns beim Namen ruft?
Merken wir, dass er auf unseren Wegen mit uns geht?
Begegnen wir ihm wirklich im eucharistischen Brot?
„Leg deine Hand in meine Seite!“ ist eine Einladung, seinem Herzen ganz nahe zu sein.

Die Herz-Jesu-Litanei schließt mit dem Gebet:
Gütiger Gott, aus dem geöffneten Herzen deines Sohnes kommt die Fülle des Erbarmens.
Hilf uns, dass wir seine Lieben nicht ohne Antwort lassen.
Darum bitten wir durch ihn, Christus unseren Herrn. Amen

Eine abschließende Anmerkung: Papst Johannes Paul II. starb am 18. Mai 2005, dem Vorabend des dritten Barmherzigkeitssonntags.

Elisabeth Prégardier, Oberhausen


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