Sonntagsgedanken, 6. Januar 2021 - Heilige Dreikönige


Feiertagsgedanken zu Epiphanie

Eine Karikatur zeigt die heiligen drei Könige enttäuscht vor dem Christkind, vor der hl. Familie stehen. Entsetzt – in einer Sprechblase – ruft einer der Drei aus: „Waaas?!!! – Eine Gold-Weihrauch-Myrrhe-Allergie!!!“

Da kommen drei aus dem Morgenland. Dass es keine wirklichen Könige waren, haben wir inzwischen schon „geschluckt“, aber drei Weise, Magier, das ist doch auch schon was! Dazu hat man inzwischen herausgefunden, dass sie wohl aus Babylon gekommen sind. Nicht zuletzt die wissenschaftlichen Untersuchungen zum „Weihnachtsstern“ (vor kurzen war ja eine ähnlich seltene Sternkonjunktion am Himmel zu sehen!) haben den Weg der drei Sterndeuter klarer erkennen lassen.

Wenn sie zudem aus Babel, der Hauptstadt dieses großen Reiches, kamen, dann waren sie womöglich sogar Nachkommen oder zumindest Wissensweiterträger der im 6. Jh. v. Chr. durch Nebukadnezar dorthin verschleppten Juden. Schließlich waren die Juden – und sie sind es bis heute noch – ein hochgelehrtes Volk, das sich zu behaupten wusste. Diese Magier also kannten die alten Schriften: „Ein Stern geht in Jakob auf, ein Zepter erhebt sich in Israel“ (Num 24,17) und „du, Bethlehem-Efrata, bist zwar klein unter den Sippen Judas, aber aus dir wird mir einer hervorgehen, der über Israel herrschen soll. … Und er wird der Friede sein.“ (Mi 5,1.4).

Freilich, ob sie genau diese drei Gaben gebracht haben, aus denen man ja erst ihre Anzahl meinte bestimmen zu können, zu denen sich dann auch noch drei fiktive Namen gesellten, bleibt offen, ist aber auch nicht widerlegt.

Kein geringer als Josef Ratzinger (Benedikt XVI.) hat den Kindheitsgeschichten der Evangelien durch seinen Prolog zu „Jesus von Nazareth“ wieder zu Ansehen verholfen. Der jüngst verstorbene Exeget Klaus Berger sagt zusammenfassend, dass Ratzingers Buch wirklich erstaunlich sei und dieser mit dem sicheren Gespür eines Seelsorgers und Predigers und mit einem tiefen Verständnis alttestamentlicher Exegese den neutestamentlichen Befund auf die Frage hin geschärft habe: „Ist das Gesagte wahr? Geht es mich an?“[1]

Epiphanie – das Hochfest der Phänomenologen?! Ich weiß nicht, ob schon einer diesen Gedanken geäußert hat. Romano Guardini geht dem „Dreikönigstag“ jedenfalls mit phänomenologisch geschultem Auge auf den Grund: Die drei Männer, die zum Jesuskind kamen, waren „ein Zwischending zwischen Gelehrten und Wahrsagern. Sie lebten im Euphratgebiet, dessen reine Luft es zu einem Ursprungsland der Sternkunde gemacht hat. … (D)ie Sterne erschienen ihnen als Wesen, welche das Dasein beherrschen.“[2] Und auch Guardini bedachte schon, dass sie durchaus aus den Quellen der nach Babylon Verschleppten Kenntnisse erlangt haben konnten: „Das ist das Zeichen des Messias! Ihr Herz ist offen, ihr Wille bereit, und sie machen sich auf den Weg“.

Guardini fragt dann, welches Phänomen sie wohl gesehen haben mögen, als sie vor dem Kind in der Krippe standen. Mit der die Dinge umkreisenden Einstellung des Phänomenologen befragt Guardini zunächst Pflanze, dann Tier, Mensch und schließlich Schöpfung: Sie alle sind auf Gott hin transparent. Es bedarf aber des richtigen Auges, und Guardini zitiert die Bergpredigt: „Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.“ (Mt 5,8) Und: „Ein reines Herz hat, wer die richtige Liebe hat; wer nach dem Heiligen verlangt.“ Daraufhin schließt der große Lehrer: „Der heutige Tag sagt, dass die Männer aus dem Morgenland diese Augen besaßen. Ihnen ist in dem Kinde der Erlöser ‚erschienen‘, und sie haben ihn ‚gesehen‘.“

An dieser Stelle verlassen wir Guardinis Überlegungen und wenden uns neu den „Allergieauslösern“ zu. Der den neuzeitlichen, anfälligen Menschen karikierende Witz macht auch die tiefe Glaubens- und Gotteskrise deutlich:

Gold, Weihrauch und Myrrhe bringen die heiligen drei Boten aus dem Morgenland dem Jesuskind: Hingabe des Besitzes, Lobpreis Gottes und Bereitschaft zum Opfer! – das bedeuten die drei Gaben. Ja, natürlich auch Anerkenntnis seines Königtums, seiner göttlichen Verehrungswürdigkeit und – das steht bei Jesaja, auf den sich ja diese Stelle bezieht, noch nicht im gleichen Atemzug – dass er der Gottesknecht ist, der für sein Volk leiden wird.[3]

Sehen die Könige auch all das schon in dem Kind? Spätestens seit Tod und Auferstehung Jesu wird jedes Kind auf dieses Christkind-Schicksal hin getauft. Sind sich christliche Eltern dieser Ungeheuerlichkeit bewusst?

Wir haben heute sehr wohl eine Allergie gegen diese drei Gaben entwickelt: Das Ich ist König und gibt gar nichts her, der Mensch Krone der Schöpfung und darüber kein anderer Herr, Herrschaft durch Macht und nicht demütiges Dienen und Opfer.

Meine Empfehlung am heutigen Festtag: Nehmen wir neu diese Geschenke als an uns gerichtet dankbar in Empfang in durchaus „allergischer“ Manier, in dem wir eben eine „andere Reaktion“ zeigen, als die Welt sie erwartet: Das Kind in der Krippe unser Besitz, der himmlische Vater unser Leitstern, tägliche Kreuzesnachfolge als das Programm dieses „Dreikönigstreffens“.

 

Pfr. Dr. Andreas Martin

 

[1] Josef Ratzinger (Benedikt XVI.): Jesus von Nazareth. Prolog. Die Kindheitsgeschichten, Freiburg 2012, S. 9

[2] Zitate und Gedanken aus: Guardini, Romano: Epiphanie, in: Nähe des Herrn. Betrachtungen über Advent – Weihnachten – Jahreswende und Epiphanie, Würzburg 1962 2. Aufl., S. 81ff.

[3] Jes 60,6 und Jes 52,13-53,12.


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