Sonntagsgedanken 13. Juni 2021


Kleines Senfkorn Hoffnung

11. Sonntag im Jahreskreis

13. Juni

In der Betrachtung zum letzten Sonntag hatte ich Sie ermutigt, über die Verlesung eines Abschnittes  aus dem Evangelium hinaus einmal das ganze Markusevangelium in einem Zug durchzulesen. Im Grunde sind es oftmals gehörte vertraute Texte, die sich vor allem mit kleinen Abweichungen auch bei den Evangelisten Matthäus und Lukas finden. Vielleicht haben Sie jetzt schon das 4. Kapitel gelesen über die Kraft Samenkorns und die Art und Weise, wie Jesus mit dem Volk spricht, nämlich in Gleichnissen.

Im 4. Kapitel wird von drei Gleichnissen berichtet. Das erste Gleichnis erzählt von der Bodenbeschaffenheit für die Keimfähigkeit des Samens, d. h. von der Aufnahmebereitschaft des Menschen für das Wort Gottes. Dazu gibt es in der Kunst viele schöne Darstellungen. Am heutigen Sonntag kommen die beiden nächsten Gleichnisse zu Gehör: Das Gleichnis von dem selbstwachsenden Samenkorn und von der Wachstumskraft des kleinen Senfkorns zu einem übergroßen Gewächs, im dem die Vögel nisten können.

Jesus selber erläutert den Jüngern die Gleichnisse vom Reich Gottes. Der Same ist das Wort Gottes. Als Markus ca. 40 Jahre nach Jesu irdischen Lebens das Evangelium niederschrieb, hielt er die Botschaft Jesu nach der Überlieferung einer Generation der Urkirche fest. Die Zeit war geprägt von der Verfolgung der Christen und bedurfte mit dem Fortschreiten der Zeit auch des schriftlichen Zeugnisses für die sich neubildenden Gemeinden. So können die Gleichnisse auch als Zuspruch verstanden werden, in den Bedrängnissen der Tage der Kraft des Samenkorns, d.h. dem Wort Gottes, fest zu vertrauen.

Wenn heute zwei Gleichnisse zur Verlesung kommen, so ist uns das Gleichnis vom Senfkorn sofort nah durch das bekannte Lied von Ludger Edelkötter: Kleines Senfkorn Hoffnung, mir umsonst geschenkt, werde ich dich pflanzen, dass du weiterwächst, dass du wirst zum Baume, der uns Schatten wirft, Früchte trägst für alle, alle, die in Ängsten sind?

Das Gleichnis, das bei der Verlesung des Evangeliums zuerst zur Sprache kommt (Mk 4,26-29), spricht in aller Kürze mit dem Wort „von selbst“ die Kraft aus, die dem Wort Gottes innewohnt. Jesus sagte: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät; dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie. Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da.

Dieses Gleichnis findet sich nur bei Markus, es gehört zu dem sogenannten Sondergut seines Evangeliums. Näher betrachtet ist es die Kernaussage zu den beiden anderen Gleichnissen, in denen es um Förderung und Umfang des Wachstums geht. Unsere Überlegungen bleiben hängen an dem Ausdruck „von selbst“. Was ist damit gemeint?

Zuvor die Klärung: Wer ist der Sämann? Im Verständnis des Gleichnisses ist es der Mensch, Mann und Frau, die in der Verkündigung des Wortes  Jesus selber in die Herzen der Zuhörer säen. Ungeachtet der biblisch beschriebenen Bodenverhältnisse vollzieht sich sein Wachstum und seine Kraft im Innern und die Empfänger  „wissen nicht wie!“.

Wenn Jesus an anderer Stelle sagt: Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und Leben (Joh 6,63), dann ist Jesus selbst Sämann und Same zugleich. Was bedeutet es letztendlich für unsere gläubige Zuversicht, dass es Jesus selbst ist, ohne dass wir es im Ablauf unserer Tage und Nächte zunächst wahrnehmen?

Die Verlesung des sonntäglichen Evangeliums beginnt immer mit den Worten „In jener Zeit“. Indem diese im Gottesdienst ausgesprochen werden, wandelt sich „jene Zeit“ in „heute“. So hat Markus die Niederschrift des Evangeliums verstanden, um die Menschen seiner Zeit zu stärken und zu trösten. So bedeutet dieses Gleichnis für uns heute auch Stärkung und Wegweisung in kirchlich turbulenten Zeiten.

Bekannt ist das schöne Wort von Ida Friederike Görres „Im Winter wächst das Brot“. Für mich bedeutet dies, dass Jesus Christus schon längst in unsere Zeit eingesät hat, was Halm, Ähre, Frucht und zur Ernte kommen kann. Wie vielgestaltig sind heute die Kirchenbilder im Drängen nach zeitgemäßem Wachsen des Reiches Gottes. In der Vorausschau auf das Evangelium des kommenden Sonntags haben wir eine Beschreibung unserer gegenwärtig weithin empfundenen Situationen: Plötzlich erhob sich ein Wirbelsturm und die Wellen schlugen in das Boot. – Kümmert es dich (Jesus) nicht, dass wir zugrunde gehen?

Jesus tadelt die verängstigten Jünger: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?

Ich wünsche uns, dass wir aus dem Gleichnis von dem aus Jesus Christus selbst wachsenden Samen den Mut und die Kraft schöpfen, die Herausforderungen für heute und morgen zu bestehen.

 

Elisabeth Prégardier

Oberhausen


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